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05.03.2022 Kategorie: Ejuwo

Ein Flügelschlag für den Frieden

Als ich mir vor ein paar Tagen die erschütternden Berichte über die Geschehnisse am Rande Europas anschaute, rüttelte mich ein kaum wahrnehmbares Klopfen aus meinem Gedankenkarussell. Zuerst dachte ich, dass es in dem Bericht gewesen wäre, aber irgendwie passte es dort nicht hinein. Ich schaltete den Ton aus und lauschte, ob das Klopfen noch einmal zu hören sei. „Tok, tok, tok.“ Da! Es war wieder da. Immer noch sehr leise, aber deutlich wahrzunehmen. Mein Blick wanderte durch das Zimmer. Im ersten Moment ließ sich nicht ausmachen, wo das Geräusch herkam.

Ich dachte immer noch an die Menschen in den Grenzgebieten, als ich es wieder hörte. Kam es von der Zimmertür? Oder doch von draußen? Ich stand auf und öffnete die Tür. Nichts. „Tok, tok, tok.“ Ich ging zum Fenster und schob das Plissee nach oben. „Gurr, gurr.“ ‚Hallo, wer bist du denn?‘, dachte ich und blickte dabei etwas verwundert einer weißen Taube in ihre runden Knopfaugen. Sie plusterte ihre Federn auf und stolzierte den Fenstersims hin und her. Seltsam. So eine strahlend weiße Taube hatte ich hier noch nie gesehen. Und wieso saß sie direkt vor meiner Scheibe und flog nicht weg? Sie ließ sich nieder und fing an, ganz genüsslich ihr Gefieder zu pflegen. Feder für Feder zog sie durch ihren Schnabel. Gar nicht ängstlich blickte sie zwischendurch immer wieder hoch, als würde sie überprüfen, ob sie noch beobachtet wird.

Ich konnte nicht glauben, was ich dort sah und öffnete vorsichtig das Fenster. Die Taube interessierte sich nicht für mich und kümmerte sich weiterhin ausgiebig um ihre Reinigung. Eine weiße Taube auf meinem Sims. Ihr Antlitz ließ mich ruhig werden. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr wenden, so sehr zog mich ihre Aura in diesem Moment in den Bann. Sie schaute zu mir hoch, gurrte noch einmal und erhob sich mit einem Flügelschlag in die Lüfte. Elegant stieg sie immer höher in den blauen Himmel empor. Ich verfolgte sie, bis nur noch ein kleiner heller Fleck am Horizont zu erkennen war.

Eine Weile blieb ich noch stehen, bevor ich sanft das Fenster schloss und mich aufs Sofa setzte. Den Fernseher schaltete ich aus. Ich faltete meine Hände und schickte der Taube ein Gebet hinterher. Worte des Friedens, für die Menschen in den Konfliktgebieten, in Europa, auf der ganzen Welt.

Beitrag von Verena Segert